Kolumne 
1. Teil: "Menschliche Entscheidungen"

Die inflationäre Verwendung der Floskel:

"Die anderen sind alle dumm"…

... führte schlussendlich dazu, dass wir uns einmal genauer mit der menschlichen Dummheit auseinandersetzen wollten. 

Ein interessantes Thema, wie wir finden; denn gerade in den letzten Jahren wurde diese Aussage inflationär in alle Richtungen benutzt. 

Warum wir mit diesem Thema in unserer Kolumne "Menschliche Entscheidungen" anfangen? 

Da bei uns das Gefühl hochkam, dass sich Menschen gar keine Gedanken zum Thema „Dummheit“ machen, und einfach nur den Begriff verwenden ohne Parameter festzulegen, ab wann es denn tatsächlich zutreffen könnte, dass sich jemand „dumm“ entschieden/verhalten hat. Somit sehen wir es als spannende Gelegenheit, die „Dummheit/Intelligenz“ der Menschen aus diversen Perspektiven zu analysieren.

Als grundlegende Entscheidungstheorie wollen wir anhand des folgenden Diagramms unterschiedliche Entscheidungen nachvollziehbar machen. Mit fehlverstandenen Zuweisungen von Dummheit soll der satirische Ansatz von Cipolla nicht verstanden werden. Als eine Möglichkeit, unter der Annahme entsprechender Gesichtspunkte, einen Entscheidungsprozess nachzuvollziehen und mitzuverfolgen, warum sich Menschen gerade nicht dumm verhalten, wenn Sie einen legitimen Zweck verfolgen.

Die satirische Aufarbeitung von Carlo M. Cipolla. (1987) in seinem Buch „The Basic Laws of Human Stupidity” gibt ein hervorragende Möglichkeit für eine Beurteilung:

hier verfasst der Autor Grundprinzipien bzw. Gesetze der menschlichen Dummheit. Besonders beachtenswert halten wir seine Erstellung eines Diagramms, um das Vorhandensein von Dummheit, oder eben dem Gegenteil - Intelligenz - einordnen zu können. Cipolla teilt die Bereiche zunächst einmal in die folgenden fünf Kategorien auf:

  • „Intelligente“ Menschen (oben rechts) tragen zur Gesellschaft bei und nutzen ihre Beiträge auch zu gegenseitigen Vorteilen.
  • „Naive“ Menschen (oder auch oft „hilflos“ bezeichnet, oben links) tragen ebenfalls zur Gesellschaft bei (es profitieren die anderen), haben selbst aber keinen Nutzen.
  • „Banditen“ (unten rechts) verfolgen ihre eigenen Interessen (haben selbst einen Gewinn), auch wenn dabei ein Netto-Nachteil für die gesellschaftliche Wohlfahrt entsteht.
  • „Dumme“ Menschen (unten links in der Grafik) sind kontraproduktiv für sich selbst und für andere.
  • In der Mitte befinden sich die hilflosen und ineffektiven Menschen.

(Cipolla, 1989; Wikimedia, 2021; Pfluger, 2022)

Grafik nach (Cipolla, 1989; Wikimedia, 2021)

Nun gut, wir haben also eine erste Einteilung der Bereiche vorgenommen. Eine weitere Unterteilung kann im Bereich der Ausbeuter (Banditen) vorgenommen werden.

Grafik nach (Cipolla, 1989; Wikimedia, 2021)

Alle Banditen, die Anspruch auf eine Position als „Banditen mit einem Hauch von Intelligenz“ haben, nähern sich der rechten Seite der X-Achse („Gut für uns“) an und teilen somit mehr und mehr die Eigenschaften einer intelligenten Person. (Cipolla, 1989)

Banditen mit einem Hauch Intelligenz:
„Das sind jene Individuen, deren Handlungen ihnen Gewinne einbringen, die größer sind als die Verluste, die sie bei anderen Menschen verursachen.“ (Cipolla, 1989)

Nach der Aktion eines „perfekten Banditen“ hat der Bandit ein Plus auf seinem Konto, welches genau dem Minus einer anderen Person entspricht. (Cipolla, 1989)

Die meisten Banditen fallen jedoch in den Bereich „Banditen mit einem Beiklang von Dummheit“.
Die Personen, die in diesen Bereich fallen, sind diejenigen, „deren Handlungen ihnen einen Gewinn einbringen, der geringer ist als die Verluste, die anderen Menschen zugefügt werden.“ (Cipolla, 1989)

Um zu verstehen, was damit gemeint ist, wollen wir einmal schauen, wie das M. Cipolla in etwa selbst ausdrückt:

Wenn Sie jemand tötet, um Ihnen fünfzig Pfund zu rauben, oder wenn er Sie ermordet, um ein Wochenende mit Ihrer Frau in Monte Carlo zu verbringen, können wir sicher sein, dass es sich nicht um einen perfekten Banditen handelt. […]
Generäle, die als Gegenleistung für eine Beförderung oder einen Orden riesige Zerstörungen und zahllose Opfer verursachen, fallen in den Bereich der „Banditen mit einem Beiklang von Dummheit“.

(Übersetzung und Formulierung nach Cipolla, 1989)

Sehen wir uns nun die Kategorie der „dummen Menschen“ an: sie sind wesentlich gefährlicher als die „Banditen“. „Dumme Menschen“ fügen anderen Menschen Verluste zu, ohne im Gegenzug selbst Gewinne zu erzielen. Das führt dazu, dass die Gesellschaft als Ganzes verarmt.

Grafik nach (Cipolla​, 1989; Wikimedia, 2021)

Eine perfekter Bandit hat nach einer perfekten Aktion ein Plus auf seinem Konto, welches genau dem Minus einer anderen Person entspricht. (Cipolla, 1989)

Übertragen bedeutet das, dass die Gesellschaft als Ganzes weder besser noch schlechter dran ist. Wenn alle Mitglieder einer Gesellschaft perfekte Banditen wären, würde die Gesellschaft stagnieren, aber es gäbe keine große Katastrophe. Die ganze Angelegenheit würde auf einen massiven Transfer von Wohlstand und Wohlergehen zugunsten derjenigen hinauslaufen, die etwas unternehmen würden. Würden alle Mitglieder der Gesellschaft in regelmäßigen Abständen Maßnahmen ergreifen, befände sich nicht nur die Gesellschaft als Ganzes, sondern auch der Einzelne in einem vollkommen stabilen Zustand ohne Veränderungen. (Cipolla, 1989)

Die „Naiven mit einem Hauch von Intelligenz“, die „Banditen mit einem Hauch von Intelligenz“ und vor allem die „Intelligenten“ tragen alle, wenn auch in unterschiedlichem Maße, zur Wohlfahrt einer Gesellschaft bei. (Cipolla, 1989)

Auf der anderen Seite gelingt es den „Banditen mit einem Hauch von Dummheit“ und den „Naiven mit einem Hauch von Dummheit“, zu den von den Dummen verursachten Schäden noch weitere hinzuzufügen und so die ruchlose Zerstörungskraft der letzteren Gruppe zu verstärken. (Cipolla, 1989) 

Als Grafik stellt sich das dann wie folgt dar:

Grafik nach (Cipolla, 1989; Wikimedia, 2021)

Jetzt wollt Ihr sicherlich noch wissen wie die 5 Gesetze lauten:

  1. Stets und unvermeidlich wird die Zahl der im Umlauf befindlichen dummen Individuen unterschätzt.
  2. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person dumm ist, besteht unabhängig von jeder anderen Eigenschaft dieser Person. Demzufolge gibt es einen stets gleich hohen Anteil an Dummen in allen gesellschaftlichen Gruppen, sowohl bei Hausmeistern wie bei Universitätsprofessoren.
  3. Ein dummer Mensch ist jemand, der einer anderen Person oder einer Gruppe von Personen Schaden zufügt, ohne selber dabei Gewinn zu erzielen und dabei u. U. sogar zusätzlichen Verlust macht (das sogenannte „goldene Prinzip“).
  4. Menschen, die nicht dumm sind, unterschätzen stets das Gefährlichkeitspotential dummer Menschen. Vor allem vergessen Menschen, die nicht dumm sind, ständig, dass Verhandlungen und/oder Verbindungen mit dummen Personen zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort und in jedem Fall sich unweigerlich als teurer Irrtum herausstellen werden.
  5. Eine dumme Person ist der gefährlichste Typ aller Personen.

(Wikimedia, 2021 nach Cipolla, 1989)

Wir wünschen Euch viel Spaß beim darüber Nachdenken, Recherchieren oder darüber Diskutiere, und freuen uns darauf, mit Euch den zweiten Teil zu entdecken.

Quellen:

 Cipolla C. M., 1989, The basic laws of human stupidity

Pfluger C., 2022 https://zeitpunkt.ch/die-fuenf-grundgesetze-der-menschlichen-dummheit, Abruf am 4.12.22

Wikimedia, 2021, Carlo M. Cipolla, https://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_M._Cipolla, Abruf am 14.12.22

TU Braunschweig, Die Prinzipien der menschlichen Dummheit, http://www.pci.tu-bs.de/aggericke/Mitarbeiter/gericke/Dummheit.htm, Frei nach: Carlo M. Cipolla, Le leggi fondamentali della stupidità umana. in: C. M. Cipolla, Allegro ma non troppo. Bologna: il Mulino 1988., Abruf am 4.12.22